Urlaube mit Wohnmobil und Wohnwagen sind sehr individuell und dementsprechend auch die Anforderungen für eine Mobilität am Urlaubsort. E-Scooter sind die idealen Begleiter für die meisten Camper, weil sie Mobilität und Flexibilität auf kurzen Strecken ermöglichen, sich platzsparend verstauen und schnell wieder aufladen lassen.
Soweit zumindest die Aussagen der Hersteller, und ich wollte herausfinden, ob sich ein E-Scooter für unsere Anforderungen eignet und habe dafür im September den Egret Pro mit auf die Insel Borkum genommen. Dort diente er mir 14 Tage lang als Fortbewegungsmittel und aufgrund der abgeschiedenen Lage unseres Campingplatzes musste er auch für weitere Strecken inkl. größerer Einkäufe herhalten. Am Ende sind alleine auf Borkum über 300 Kilometer Fahrstrecke zusammengekommen, und ob ich den Egret Pro wieder mitnehmen würde, verrät euch dieser Erfahrungsbericht.
Das soll jetzt hier kein E-Scooter Hersteller-Modell-Vergleichsartikel werden, denn dafür gibt es bereits genügend Informationen im Netz, wo sie (wenn auch oftmals zu kurz) vorgestellt werden. Wenn man sich den E-Scooter-Markt anschaut, wird man auch schnell feststellen, dass hier in sehr kurzen Abständen neue Modelle von diversen Herstellern in den Handel kommen. Von günstigen Klapperkisten bis zu Premium Flagschiffen ist alles vertreten.
Qualität und Service zahlen sich am Ende aus
Weil mir eine hochwertige Verarbeitungsqualität grundsätzlich sehr wichtig ist und ich auch deutsche Hersteller bevorzuge, fiel meine Wahl recht schnell auf die Firma Egret aus Hamburg. Ihr Gründer Florian Walberg gilt als Pionier der Branche, und seinem politischen Engagement ist die europaweite Straßenzulassung von E-Scootern zu verdanken.
Egret gibt es bereits seit dem Jahr 2012 und die E-Scooter werden in Deutschland entwickelt und produziert, was sich in der hohen Verarbeitungsqualität widerspiegelt. Dass selbst bei einem so hochwertigen Produkt mal etwas kaputtgehen kann, ist ganz normal und da kommt es dann einen guten Kundenservice und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen an. Weil man bei Egret sogar teilweise das Werkzeug zur Herstellung der E-Scooter selbst entwickelt und am Ende jede noch so kleine Schraube im Scooter beim Namen kennt, ist man hier auch nach dem Kauf bestens aufgehoben.
An der gesamten Verarbeitung vom Egret Pro habe ich absolut nichts auszusetzen. Alle Bauteile machen einen hochwertigen Eindruck, und es klappert und knarrt hier nichts. Mit wenigen Handgriffen ist der Egret Pro auf oder abgebaut und durch seine höhenverstellbare Lenkstange kann er von mehreren Menschen genutzt werden.
Es macht am Ende schon einen großen Unterschied, ob man einen Scooter im Discounter oder direkt beim Hersteller kauft, welcher über ein großes Servicenetz verfügt. Bei hochpreisigen Produkten finde ich es sehr wichtig, dass die Versorgung mit Ersatzteilen gewährleistet ist, und ein Blick in den Ersatzteilshop von Egret zeigt, dass man hier optimal versorgt ist. Der Hersteller verfügt auch über ein großes Service und Fachhändlernetz innerhalb Deutschlands.
Die (Kopf)Sache mit der Reichweite
Von der Bauform her sind sich viele E-Scooter recht ähnlich. Sie verfügen über ein Trittbrett, welches nicht zu klein ausfallen sollte, und einen Faltmechanismus für das vordere Lenkrohr. Bei den unterschiedlichen Eckdaten ist es dann immer ein Kompromiss. Große Reifen und eine Federung sind besser für den Fahrkomfort, erhöhen aber dafür Packmaß und Gewicht. Noch deutlicher wird das bei der Motorleistung bzw. beim Akku, denn je mehr Leistung und Reichweite man haben möchte, desto größer und entsprechend schwerer ist am Ende der Akku.
Während man mit einem E-Bike auch mit leerem Akku (wenn auch nicht mehr so bequem) weiterfahren kann, ist das mit einem E-Scooter nicht wirklich möglich. Es handelt sich ja nicht um einen leichten Tretroller, und die 20 bis 30 Kilo Eigengewicht lassen sich durch Muskelkraft kaum bewegen. Hier muss man im Vorfeld ein wenig überlegen, wie viel Reichweite sollten, bzw. müssen es denn wirklich sein. Überraschenderweise sind es in der Realität dann doch deutlich weniger Kilometer, als man anfangs dachte.
Der im Egret Pro festverbaute (48V, 17,5 Ah) Akku, hat eine Kapazität von 840 Wh und ist in 5,5 Stunden wieder voll aufgeladen. An dieser Stelle kann aber bereits gesagt werden, dass ich die Herstellerangabe von bis zu 80 Kilometern zwar nicht erreicht habe, aber vollbepackt, und fast immer mit Vollgas und einem Körpergewicht von dummdidumm….. auf völlig ausreichenden 67 Kilometer gekommen bin.
Der Motor hat eine Spitzenleistung von 950 Watt und die 27 Nm Drehmoment sorgen für eine ordentliche Beschleunigung aus dem Stand und das auch bei einer Steigung. Der Motor hatte immer genügend Leistung, um auf Borkum auch Passagen auf die Dünen oder hoch auf den Deich zu meistern. Hier war ich mehr als positiv überrascht.
Wie lädt man denn als Camper den Akku wieder auf?
Wenige E-Scooter ermöglichen es, den Akku einfach zu wechseln. Also dabei meine ich nicht den Tausch bei einem Defekt mit ausbauen usw., sondern mal eben Plug and Play. Mit einem solchen Wechselakku könnte man zwar seine Reichweite verdoppeln, indem man einen vollen Ersatzakku mitschleppt, aber das wäre sehr teuer und ist auch selten notwendig.
Es geht mir dabei eher um das Aufladen des Akkus am Wohnmobil. Ist der Akku fest im E-Scooter verbaut, so wie es beim Egret Pro der Fall ist, muss man sich bezüglich der Stromversorgung etwas überlegen. Den E-Scooter im Wohnmobil oder Wohnwagen aufzuladen ist natürlich keine Option und nicht in jeder Heckgarage ist genügend Platz bzw. 230V vorhanden.
Ein 230V-Verlängerungskabel* nach draußen zu legen, ist auch kein wirkliches Problem. Das eigentliche Netzteil ist hierbei die kleine Herausforderung, weil es nicht gegen Feuchtigkeit resistent ist und daher sollte man hierfür dann auf jeden Fall eine wasserdichte Kabelbox* verwenden. Der Egret Pro stand auf Borkum neben unserem Fahrzeug und war über ein Schloss an der Felge befestigt und konnte so sicher und unbeobachtet geladen werden.
Clevere Transportmöglichkeiten
Bei fast allen E-Scootern gibt es von Hause aus keine wirklichen Transportmöglichkeiten. Im Zubehörhandel findet man natürlich entsprechende Taschen für die Montage an der Lenkerstange*, jedoch muss man hierbei immer prüfen, ob sich diese auch ohne zu großen Aufwand, also „mal eben“ montieren und demontieren lassen. Bei höhenverstellbaren Lenkern ist das dann mit den Befestigungspunkten je nach Tasche auch eine kleine Herausforderung. Diese Taschen bewegen sich vom Volumen her bei 2 bis 4 Liter, sodass man hier gerade einmal Geldbörse, Schlüssel und evtl. ein Schloss unterbringen kann. Selbst an einen kleinen Einkauf ist hier ohne Rucksack nicht zu denken.
Bei Egret wurde hier mitgedacht. So verfügen die Modelle Pro, X+ und One nicht nur über einen Haken an der Lenkstange, etwa für eine leichte Tasche, sondern über einen extrem praktischen Gepäckträger. Der optionale Cargo Carrier eignet sich perfekt für gängige Transportlösungen, unter anderem für den UniKlip und KorbKlip von KLICKfix. Ob Einkaufskorb, Tasche oder Transportbox, hier hat man die größtmögliche Flexibilität.
So kam etwa für hinten ein großer (24 Liter) Fahrradkorb von Reisenthel zum Einsatz, in welchem dank eines Kordelzugs die Einkäufe auch vor Regen und Herausfallen geschützt sind. Am Boden des Korbes ist ein Uniklip Adapter* angebracht und somit kann der gesamte Korb jederzeit abgenommen werden. An der Lenkstange habe ich zusätzlich die KLICKfix Caddy* (Oversized) Halterung befestigt und somit können hier ebenfalls bequem Vorderradkörbe* abgebracht werden.
Der Egret Pro wurde auf Borkum somit je nach Situation mit den gewünschten Körben bestückt und damit waren auch größere Einkäufe oder der Transport vom Grauwasser auf dem Campingplatz kein Problem. Egret gibt für den Gepäckträger eine garantierte Belastbarkeit von 10 kg an, aber der Transport einer vollen Kassettentoilette ist darauf auch ohne Probleme möglich.
Sicherheit geht vor
Die hydraulischen Scheibenbremsen haben ihren Job ebenso gut gemacht, wie bei Nachfahrt das vordere und gut verstellbare LED-Frontlicht mit seinen 40 Lux. Zwar verfügt der Egret Pro über eine elektronische Wegfahrsperre, aber wegschieben ließe er sich damit dennoch und die Eingabe der 4-stelligen Pin ist ohne App am Scooter selbst nicht wirklich gut umgesetzt.
Bei nahezu allen E-Scootern vermisst man eine praxistaugliche Lösung, um diese anzuschließen. Es scheitert dabei fast immer an geeigneten Befestigungsorten für ein Schloss am E-Scooter. Auch hier hat Egret mit seinem Rahmenschloss mitgedacht. An der unteren Seite befindet sich eine Vorrichtung, um ein flexibles Seilschloss von tex-lock zu befestigen.
Mit einer Länge von 120 cm ist das nur 1040 Gramm schwere Seilschloss lang genug, um den Egret Pro anzuschließen und gegen Wegtragen zu sichern. Man legt dabei das Schloss einfach um einen festen Gegenstand, zieht den Bolzen durch die Metallöse am anderen Seilende und steckt ihn dann einfach in die Öffnung des Rahmenschlosses. Der geflochtene Außenmantel sorgt nicht nur für eine angenehme Haptik, sondern schützt effektiv vor Lackkratzern und verhindert, dass das Schloss beim Transport klappert.
Fahrtkomfort und ein Fazit
Vom schönen, aber recht abgelegenen Campingplatz in Ostland auf Borkum sind es bis ins Stadtzentrum im Westen der Insel und wieder zurück rund 12 Kilometer. Alleine diese Strecke musste aus beruflichen Gründen täglich und bei Wind und Wetter absolviert werden. Von Schotter über Kopfsteinpflaster bis zu Asphalt war hier an Untergründen auch alles dabei. An den Nachmittagen und am Wochenende wurde auch der Rest von Borkum mit dem Egret erkundet. Hier waren dann auch mal Strecken von über 20 Kilometer am Stück dabei, was besser geklappt hat als anfangs gedacht.
Man muss zwar bei Reifengrößen zwischen 10″ und 13″ Zoll je nach Hersteller/Model etwas mehr auf Unebenheiten aufpassen, als es beim Fahrradreifen (in der Regel 28″) der Fall ist, aber das klappte ohne Probleme. Einen Sattel habe ich auf den Fahrten auch nicht wirklich vermisst. Das Trittbrett ist beim Egret Pro mit seinen 17 x 46 cm groß genug, dass man hier auch während der Fahrt die Position der Füße bequem wechseln und auch nebeneinander stellen kann. E-Scooter dürfen nur bis zu 20 km/h fahren, was meistens auch sicherlich ausreicht. Es gibt halt nur nicht die Möglichkeit „in die Pedale zu treten“, wenn man mal spät dran ist. Daran musste ich mich ganz kurz gewöhnen, aber danach klappte es super.
Alles in allem war und bin ich mit dem Egret Pro sehr zufrieden. Mit seinen zusammengeklappten 43 x 108 cm (H/L) passt er noch gut in die Heckgarage vom Kastenwagen und die 22,5 Kilo gehen auch noch in Ordnung, aber das ist wie anfangs schon gesagt immer ein Kompromiss. Für einen Großteil unserer Touren greifen wir jetzt zum Egret Pro, welcher neben seiner Verarbeitung besonders durch sein geniales Gepäckträgersystem überzeugen konnte.