Kaum eine Branche hat in den vergangenen Jahren einen solchen Boom erlebt wie die Campingbranche. Mit der Coronapandemie stiegen trotz massiver Lieferschwierigkeiten die Zulassungszahlen und die Preise inkl. der von gebrauchten Wohnmobilen und Wohnwagen kletterten nahezu unaufhaltsam in die Höhe. Die einen nannten das „Mondpreise“ und mach einer sogar „Wucher“. Am Ende ist es aber das Gesetz von Angebot und Nachfrage.
Bis vor wenigen Monaten schien (nach außen) das Ganze auch noch gut zu funktionieren. Hersteller und Händler haben über einen langen Zeitraum gut verdient und nicht wenige haben die Gewinne auch wieder investiert, um die hohe Nachfrage weiterhin decken zu können. Es stand aber natürlich immer die Frage im Raum, wie lange kann das so weitergehen und wann ist der Markt gesättigt und wann wird die Nachfrage bei weiterhin hohen Kosten wieder sinken. Jetzt scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein und das auch noch zeitlich recht unpassend vor dem Start der weltweit größten Campingmesse in Düsseldorf.
Nicht wenige der ganz großen (börsennotierten) Hersteller von Freizeitfahrzeugen haben in den vergangenen Monaten Gewinnwarnungen herausgegeben bzw. herausgeben müssen. Hier wäre etwa die französische Trigano Gruppe mit ihren Marken wie Benimar, Challenger, Chausson, Eura Mobil, Forster, Karmann Mobil, oder Roller Team. Ein Absatzrückgang bei Wohnwagen von -30,9 % und bei Wohnmobilen von -25,5 % ist leider keine Kleinigkeit.
Die Knaus Tabbert AG (Knaus, Tabbert, Morelo, Weinsberg) hat ebenfalls ihre Prognose für das Geschäftsjahr 2024 aktualisieren müssen, was die freundliche Formulierung für eine Gewinnwarnung ist. Bei der Erwin Hymer Gruppe, mit Marken wie Hymer, Bürstner, Carado, Dethleffs, Etrusco, Eriba, Niesmann & Bischoff, Laika LMC und Sunlight sieht es an manchen Stellen auch nicht mehr ganz so rosig aus. So müssen etwa die Mitarbeiter von Dethleffs im kommenden Herbst in Kurzarbeit. Aber nicht nur die eigentlichen Hersteller von Wohnmobilen und Wohnwagen haben damit zu kämpfen, sondern natürlich auch deren Zulieferer. Werden weniger Fahrzeuge bestellt bzw. gebaut, müssen weniger Materialien eingekauft werden.
Im Zubehörsegment herrscht auch an einigen Stellen keine wirkliche Partystimmung mehr. So musste etwa einer der führenden deutschen Solaranlagen-Hersteller Bosswerk Insolvenz anmelden. Zur Bosswerk Unternehmensgruppe gehört der bei Campern bekannte Online-Shop Green Akku sowie die eigenständige Firma LIONTRON, welche aber bisher nicht betroffen ist. Ein Blick ins Insolvenzregister zeigt leider auch, dass immer mehr Händler von Freizeitfahrzeugen in den vergangenen Monaten Insolvenz angemeldet haben. Jetzt bedeutet ein Insolvenzverfahren natürlich nicht immer das direkte aus für einen Hersteller und/oder Händler, aber das Ganze zeigt schon, dass die ganz so fetten Jahre nun doch vorbei zu sein scheinen.
Die Gründe sind sehr vielfältig
Nahezu alle Hersteller haben weiterhin mit hohen Produktionskosten (Personal, Energie, Material usw.) zu kämpfen und gleichzeitig stellen gestiegene Zinsen ein ernsthaftes Problem dar. Einerseits sind es die Händler, welche einen Großteil ihres Bestandes finanzieren und deren Einkaufspreise sich in der Vergangenheit ebenfalls erhöht haben. Wenn die Bank jetzt schrittweise die Zinsen erhöht, steigt dementsprechend die finanzielle Belastung der Händler.
Diese gestiegenen Kosten kann der Händler aber auch nicht wirklich an den Käufer weitergeben, weil dieser ebenfalls mit (zu) hohen Finanzierungszinsen zu kämpfen hat. Hinzu kommen natürlich auch Unsicherheiten aufgrund der andauernden Krisen in der Welt, welche für die Anschaffung eines Freizeitfahrzeugs nicht gerade förderlich sind.
Die Höfe der Händler sind noch sehr voll, um nicht zu sagen viel zu voll, um sich neue Fahrzeuge aus dem Modelljahr 2024/2025 für den Verkauf (auf Halde) hinzustellen. Dabei fehlt es nicht nur am Platz, sondern es sind vorwiegend die finanziellen Sorgen/Probleme der jeweiligen Händler. Bereits vorhandene Fahrzeuge müssen (eigentlich) erst einmal abverkauft werden, bevor Bestellungen für das kommende Modelljahr getätigt werden können. Jeder Tag, an dem ein Wohnmobil oder Wohnwagen auf dem Hof des Händlers steht, kostet diesen (zu) viel Geld.
Man darf bei manchen ach so tollen Umsatzzahlen der Hersteller nicht vergessen, dass diese in seltenen Fällen direkt an den Kunden, sondern an bzw. über den Händler verkaufen. Modelle aus 2023/2024 wurden produziert und stehen jetzt auf den Höfen der Händler und suchen (immer noch) einen Abnehmer. Daher werden die Stückzahlen der Händler für die Zukunft geringer ausfallen. Das aktuelle Problem könnte sich also in der nahen Zukunft noch verschärfen.
Parallel zu den vielen Neufahrzeugen ist bei gleichzeitigem Rückgang des (erhofften) Verkaufspreises auch die Anzahl verfügbarer gebrauchter Wohnmobile und Wohnwagen gestiegen. Auch hier sind die Gründe für einen Verkauf sehr vielfältig, aber von überhöhten Verkaufserlösen müssen sich die meisten sicherlich verabschieden. Schnäppchenjäger könnten somit bei noch recht jungen gebrauchten Wohnmobilen und Wohnwagen daher Glück haben, was sich wiederum negativ auf die Händler mit bevorzugten Neufahrzeugen auswirkt. Ein Teufelskreis.
Was die „Qualität“ bei Neufahrzeugen in den letzten zwei bis drei Jahren angeht, so haben sich leider manche Hersteller nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Hier wurden Fahrzeuge bei gestiegenen Preisen und langen Lieferzeiten teilweise mit Mängellisten an den Kunden ausgeliefert, was sich jetzt auch nicht gerade positiv auf die Branche auswirkt.
Wie geht es jetzt weiter?
Ein Blick in die Glaskugel ist (mir) bedauerlicherweise nicht möglich und es bleibt daher abzuwarten, wohin die gesamte Branche steuert. Hohe Gewinn- und Neuzulassungszahlen wird man wohl erst einmal nicht mehr sehen. Drastische Preissenkungen wird es zumindest bei den Neufahrzeugen wohl auch nicht geben können, dafür sind die Kosten der Hersteller am Ende zu hoch. Ein Schnäppchen könnten Käufer evtl. bei Modellen aus dem Jahr 2023/2024 machen, welche bei den Händlern ja noch in (zu) großen Stückzahlen auf dem Hof stehen. Ebenso kann der Kauf eines gebrauchten Fahrzeug wieder interessanter werden, weil sich deren Preise langsam auf ein realistisches Niveau zubewegen.
Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es in der Zukunft weitergeht und der Rest (Stell- und Campingplätze, Reiseveranstalter, Zubehörhersteller, Werkstätten usw.) der großen Campingbranche wird weiterhin von dieser wunderbaren Urlaubsform profitieren. Die bereits zugelassenen Fahrzeuge verschwinden schließlich nicht einfach, sondern werden (wenn auch evtl. von neuen Besitzern) natürlich aktiv genutzt.
Besten Dank für diesen interessanten Artikel.
Nicht nur die Hersteller werden wohl unter den unrealistischen von Ihnen verursachten Preisen leiden, es sind auch die Campingplätze, übrigens in dieser Saison an der Ostsee nicht völlig ausgebucht, da diese sich der Preisentwicklung völlig angepasst hatten.
In aller Ehre, wer bezahlt schon gern bis zu 100€ / Nacht und mehr für einen überfüllten Campingplatz und dort für eine Currywurst mit Pommes 16,90€???
Selbst gemachtes Leid kann ich nur sagen!
Das womo steht „noch“ zu Hause, ich gehe in eine Ferienwohnung, da habe ich mehr davon.
Dazu die Erhöhung der Versicherungsprämie um satte 32% aufgrund der pandemiebedingten Neuzulassungen.
Das macht alles keinen Spaß mehr.
Hallo, wer ein wenig Ahnung von der gesamten Branche hat und diese genau beobachtet, dem müsste klar sein, dass der rasante Absatzboom nicht im geringsten was mit Normalität zu tun hatte.
Das die Normalität die Branche einholt müsste auch jedem klar sein. Jammern hilft da nicht, auch das Problem auf höhere Kosten, Zinsen usw abzuwälzen zieht nicht. Es wird Zeit, dass man auf den Boden der Tatsachen kommt.
Ich gebe winny voll und ganz Recht, es macht kein Spaß mehr. Zu allen genannten Faktoren kommt noch hinzu, dass Familien glauben sie hätten in einem Campingplatz den idealen Spielplatz für ihre Kinder gefunden. Das Verhalten ist unterirdisch, nur weil Eltern keine Werte mehr vermitteln. Respekt und Rücksichtnahme sind absolute Fremdwörter und wozu sollte man sich an eine Platzordnung halten.
Da freue ich mich auch mehr auf eine Ferienwohnung.
Das ist ein sehr interessanter Artikel. Danke für die ausführlichen Infos. Ich werde mich auf jeden Fall damit auseinandersetzen. Der Tipp mit dem Landstrom Ladegerät, 0,1 unter dem Solarregler zu bleiben finde ich super. Ich hatte immer gedacht das die beiden Victron Geräte die ich habe das alleine machen.
Wer in dieser Branche gedacht hat, das dies so weiter geht, dem ist als Manager nicht mehr zu helfen, die hatten alle nur noch Dollarzeichen in den Augen. Wer Preise um über 50% erhöht, die sich in keinster Weise durch die Einkommenshöhungen erklären lassen, nur weil man den schnelle Gewinn im Auge hat, kann nur auf die Schnauze fallen und das ist auch gut so. Die Branche hat von den Ersparnissen der Käufer gelebt und damit ist jetzt auch Schluss. So manche Werkstatt hat auch gleich die Stundensätze verdoppelt und wundert sich jetzt warum die Kunden ausbleiben. Jetzt wird wieder selber geschraubt. Ich habe in dieser Zeit auf Latium Batterien umgerüstet, einen Wechselrichter mit Netzvorrangschaltung eingebaut und die defekte Satanlage ersetzt. Die Angebote der Fachwerkstätten haben mich einfach dazu motoviert das selbst zu machen und alles funktioniert. Kostenersparnis ca. 70%. Angebot und Nachfrage regeln den Preis, dann senken wir einfach die Nachfrage.
Wer jetzt in dieser Branche pleite geht hat einfach selber Schuld, die Dollarzeichen lassen grüßen. Wohnmobile zählen eben nicht zu den Grundbedürfnissen der Menschheit. Mieten, Lebensmittel und Kleidung jedoch schon und da fällt halt das Womo hinten runter.
Wir haben in den großen Ferien eine Familie auf dem WoMo Stellplatz am Brombachsee kennen gelernt, die sind wegen der großen Hitze vom Gardasee geflüchtet. Auf dem Platz waren noch über 100 Plätze frei. Ein anderes Paar kam aus Kroatien, die hatten schon beim Aufenthalt vor einem Jahr wieder gebucht. Die sind nach 4 Tagen wieder abgereist, weil sie das doppelte bezahlen sollten wie bei der Reservierung. In Kroatien haben sie vollkommen den Verstand verloren, da gibt es keine Preislisten mehr, man kann nur noch Buchungsanfragen stellen.. Ein Freund von mir wollte wie immer zu seinem Stammplatz fahren, wir hatten dann zusammen diese Buchungsanfrage gestellt. Da hat in fast der Schlag getroffen, er sollte für 18 Tage über 4000€ bezahlen, für zwei Personen mit einem Wohnmobil. Sie sind dann für weniger als die Hälfte nach Italien gefahren. Der CP auf dem wir immer in Kroatien gewesen sind wollte auch über 130€ pro Tag haben. Da fahren wir nie wieder hin. So kann sich ein Urlaubsland auch seinen Ruf ruinieren, dann aber rumjammern wenn keiner mehr kommt. Vor ein paar Tagen kam ein Fernsehbericht über Istrien. Da haben Hoteliers rumgejammert, weil sie keine Mitarbeiter mehr finden. Dann wurden ehemalige Mitarbeiter interviewt, weshalb sie dort nicht mehr arbeiten wollen. Die Antwort war sehr einfach. Der Verdienst lag pro Monat bei 600€, der Zimmerpreis aber bei 1200€. Dann muss der Herr Hoteldirektor die Zimmer eben selber putzen.
Was läuft hier eigentlich falsch, wollen die die Sklaverei wieder einführen.
Diesen Kommentaren muß ich voll zustimmen. Denn Hochmut kommt vor dem Fall.
Wir sitzen beim späten Frühstück auf unserer wunderschönen Saisonparzelle mit Garten, im Norden von Kroatien, direkt am Meer.
Seit über 20 Jahren steigt der Preis kontinuierlich an. Es geht aber immer noch.
Die Preise in unserem Lieblingsrestaurant haben etwas angezogen, aber moderat.
In meiner Lieblingseisdiele zahle ich für einen Latte € 3.– und bekomme noch ein Glas Wasser dazu. Da kann man nicht meckern.
Der kroatische Norden war schon immer teurer.
Noch wollen wir im nächsten Jahr wieder kommen.