Moderne Basisfahrzeuge, wie ein Mercedes Sprinter 907 als Kastenwagen, sind mit diversen Sensoren ausgestattet, welche kontinuierlich untereinander kommunizieren und die Informationen an die zentrale Steuereinheit melden. Grundsätzlich sind das alles praktische Funktionen und so kann man sich (MBUX-System vorausgesetzt) nicht nur mit der MercedesMe App über den aktuellen Fahrzeugstatus informieren lassen, sondern das Fahrzeug auch aus der Ferne darüber steuern. Praktische Funktionen wie Fahrzeugverriegelung, Fahrzeugüberwachung oder Ortung sind schon etwas Feines, fordern aber ihren Tribut in Form von Strom über die Starterbatterie und die ist im abgestellten Zustand schneller leer, als man denkt. Bei einer somit möglichen Tiefenentladung der Batterie wird diese Schaden nehmen und muss wie in unserem aktuellen Fall aufwendig getauscht werden.
Wie hat es angefangen?
Erstmals aufgetreten ist unser Problem mit einer leeren Starterbatterie im September vergangenen Jahres auf der Reise nach Südtirol (Reisebericht). Zum Ende der Tour haben wir uns für ein paar Tage auf dem Caravan Park Sexten eingebucht. Logischerweise wurde am Tag mehrfach die Schiebetür oder eine der Heckgaragentüren von unserem Kastenwagen geöffnet, also ein ich würde mal sagen ganz normales Verhalten auf einem Campingplatz.
Was wir zu dem Zeitpunkt bisher nicht wussten ist, dass bei jeder noch so kleinen „Statusveränderung“, wie dem simplen Öffnen einer Tür, diese Information an die zentrale Steuereinheit des Sprinter übermittelt wird. Das MBUX System fährt dann ohne Zutun (im Hintergrund und somit nicht sichtbar) hoch und bleibt dann für 15 Minuten in Stand-by. Der Stromverbrauch kann sich somit über den Tag hinweg summieren und zu einem Problem werden. Nach zwei Tagen war es dann passiert und ich erhielt über die MercedesMe App die Nachricht, dass sich der Ladezustand der Starterbatterie in einem kritischen Zustand befindet.
Es blieb mir also nur die Option, uns an den Landstrom zu hängen, wozu aufgrund unserer 500 Ampere Lithiumbatterie von GNS und einem Wechselrichter ansonsten kein Bedarf besteht. Den Motor starten und für min. 30 Minuten im Leerlauf laufen lassen, war auf dem Campingplatz, unabhängig von der Uhrzeit (22:30) natürlich keine Option.
Von einem solchen Problem sind in den meisten Fällen eher Kastenwagenfahrer mit modernen Basisfahrzeugen betroffen. Es betrifft auch nicht nur den Mercedes Sprinter, auch beim MAN TGE, oder dem VW Crafter sind Probleme mit einer leeren Starterbatterie leider weitverbreitet. Bei anderen Aufbautypen (Teilintegrierter, Alkoven usw.) sind Aufbautür, Heckgarage usw. kein Teil des eigentlichen Fahrzeugs und deren Statusänderungen (offen/geschlossen) werden in der Regel nicht an die Steuereinheit vom Fahrzeug übermittelt, wodurch auch kein Strom verbraucht wird.
Die erste Gegenmaßnahme
Für den Sprinter lagen ohnehin (mal wieder) zwei Rückrufaktionen (Gebläseverkabelung und LLK) vor. Nach Rücksprache mit den Technikern von Mercedes in Berlin, könnte bei dem Werkstattbesuch auch gleich die Umcodierung FD2 (Aktivierung Klemmenlogik KEP/ABH) und ein Update der Steuergeräte KLA, EZS und SAM erfolgen. Hierdurch sollte das MBUX System im Hintergrund nicht mehr unkontrolliert starten bzw. sich über einen so langen Zeitraum im Stand-by befinden, was wiederum den Stromverbrauch reduzieren sollte. Laut Mercedes handelt es sich beim Sprinter schließlich von Werk aus um einen „normalen“ Transporter und dieser hätte in der Regel nicht so „lange“ Standzeiten wie auf einem Campingplatz. So würde etwa im Alltag eines Paketzustellers, das Problem überhaupt nicht auftreten. Denn selbst bei über 500 Öffnungen der Schiebetür und das inkl. automatischer Zuziehhilfe am Tag, würde fast immer der Motor laufen und die Starterbatterie dann über die Lichtmaschine mit Strom versorgt werden.
Noch ein Tipp: Der Techniker meinte auch, das mache Aufbauhersteller von Wohnmobilen, die Basisfahrzeuge auch direkt so kodiert bestellen würden, aber anscheinend leider nicht alle. Ob eine solche Codierung bereits erfolgt wäre, könnten Kunden bei einem autorisierten Mercedes Nutzfahrzeuge Partner natürlich auslesen lassen. Wir haben diese Umcodierung durchführen lassen (Kostenpunkt 130,00 €) und hofften, das Problem hätte sich damit erledigt.
Nach vier Tagen war es wieder soweit
Seit unserem Urlaub nach Südtirol hatten wir auf den letzten Reisen keine so „lange“ Standzeiten mehr, denn wir sind nicht so die Lange-an-einem-Ort-Steher. Auf unserem Trip im März dieses Jahres nach Griechenland (Reisebericht), haben wir nicht länger als zwei Tage an einem Ort gestanden und ich habe dann auch zusätzlich noch unser mobiles Solarmodul mit ODB-2 Stecker (Testbericht) angeschlossen. Die Batteriespannung fiel im Stand nicht unter 12,2 V, was zwar nicht mehr optimal, aber auch noch nicht dramatisch ist. Dennoch stand hier in absehbarer Zukunft wohl ein Austausch der Starterbatterie an, dass es dann so schnell kommen würde, habe ich dann aber auch nicht gedacht.
Über Christi Himmelfahrt sind wir auf einen Campingplatz in den Niederlanden gefahren und natürlich habe ich auch dort unser kleines ODB-2 Solarmodul angeschlossen, was die Batterie aber nur bedingt am Leben halten sollte. So saßen wir an unserem letzten Abend gemütlich am Lagerfeuer, als sich die MercedesMe App meldete und eine Spannung von nur noch 11,9 V ankündigte. Also wieder in den Untiefen des Zwischenbodens nach der Kiste mit dem CEE-Kabel* gekramt und kurz vor Mitternacht noch den Camper an den ansonsten nicht benötigten Landstrom angeschlossen. Es hätte alles so schön sein können, aber ohne Stromanschluss auch schlimmer ausgehen können. Am nächsten Morgen startete der Sprinter zum Glück noch und wir konnten die Heimreise antreten. Für den Fall, dass die Batterie den Dienst verweigern würde, hätte ich aber auch unsere Powerbank mit Starthilfekabel (Testbericht) zur Überbrückung nutzen können.
Wieder Zuhause angekommen, habe ich dann am Sprinter über das MBUX-System (Menüpunkt Fahrzeug) den Ruhezustand aktiviert, welcher weitestgehend alle Stromverbraucher im Fahrzeug deaktiviert. Leider wird dadurch auch die Alarmanlage und die Kommunikation per MercedesMe App deaktiviert. Einen Tag später stand im Borddisplay die Warnmeldung „Batterie leer – Motor starten“. Das soll es dann wohl endgültig gewesen sein und unsere Starterbatterie muss erneuert werden. Das ist doch sicherlich kein Hexenwerk und kann ich doch auch selbst machen, dachte ich zumindest, aber da habe ich die Rechnungen ohne Mercedes und deren Steuersysteme gemacht.
Eine neue Batterie muss her
Nachdem unsere Starterbatterie also endgültig das Zeitliche gesegnet hat, war es nun an der Zeit für einen Austausch. Das Thema wollte ich bereits vor dem Totalausfall und vor meinem Trip zur Abenteuer Allrad in Bad Kissingen und spätestens vor unserer Reise im Juli nach Island ohnehin erledigt haben, also ran ans Werk.
Als erstes Mal werfen wir einen Blick in das entsprechende Fach im Fußraum und schauen, was dort so verbaut wurde. Mercedes setzt hier auf eine AGM Starterbatterie (Teilenummer A0019828008) mit 70Ah Kapazität und einem Kälteprüfstrom von 720A und die Maße betragen: 278 x 175 x 190 mm (L x B x H). Ich habe dann im Netz gestöbert, welche alternativen Modelle es denn für unseren Sprinter 907 (4,5t, 419 CDI, V6, 190PS, Allrad) so auf dem Markt gibt. Eine offizielle Herstellerfreigabe hat unter anderem der Hersteller Varta mit seiner deutlich günstigeren Silver Dynamic AGM 570 901 076*.
Jetzt kann man sich natürlich eine solche Batterie im Internet bestellen und auch selbst einbauen, aber danach ist dennoch ein Besuch in einer Fachwerkstatt zwingend erforderlich. Die Batterie muss angelernt bzw. vereinfacht gesagt, dem Sprinter der Tausch der Batterie mitgeteilt werden. Dafür benötigt man aber nicht nur ein entsprechendes ODB-2 Programmiergerät, sondern auch einen personalisierten Onlinezugang von Mercedes, was natürlich alles nur Fachwerkstätten besitzen. Mal eben selbst „günstig“ tauschen ist also leider nur bedingt möglich und das mit dem Anlernen könnte auch im Ausland evtl. zu einer Herausforderung werden.
Meine lokale Werkstatt des Vertrauens hat zwar angeboten, dass ich mir auch selbst eine Batterie besorgen könnte und sie würden dann nur das Anlernen übernehmen, aber ich habe das dann doch lieber komplett durch die machen lassen. Die hatten zum einen die passende Batterie vorrätig und in dem Preis war dann Ausbau, Einbau und Anlernen inkludiert. Das war am Ende zwar etwas teurer, aber bei der eigentlichen Batterie können die natürlich preislich nicht mit dem Kistenschieber Onlinehandel mithalten. Dafür hat man aber auch einen lokalen Ansprechpartner und wenn ich gelegentlich technische Fragen zum Auto habe, stehen die mir auch immer kostenlos zur Seite. Daher ein Geben und Nehmen.
Präventionsmaßnahmen für die Zukunft
Unser Sprinter ist jetzt mit einer neuen Starterbatterie ausgestattet und damit wir auch in den nächsten Jahren noch viel Freude daran haben werden, soll jetzt noch etwas nachgerüstet werden. Und zwar ein Votronic Stand-by Charger Pro* welcher die Starterbatterie mit Strom aus der Aufbaubatterie versorgt. Diese ist nämlich von der Kapazität her bei uns nicht nur viel größer, sondern wird über Solarstrom auch regelmäßig mit neuer Energie versorgt. Es macht daher absolut Sinn, vorhandene Energie aus der Aufbaubatterie an die Starterbatterie abzugeben.
Der Stand-by Charger Pro funktioniert auch mit Lithium-Batterien (LiFePO4), deren Ruhespannung deutlich höher ist als bei herkömmlichen Starterbatterien (Blei, AGM) und einfache Stand-by Charger sind dafür nicht geeignet. Ende des Monats werde ich mir den Stand-by Charger Pro, von GNS-Grimma auf der Abenteuer Allrad in Bad Kissingen einbauen lassen.
Mir auch passiert. Meine Agm Starterbatterie hat wegen Tiefentladung(denWinter über) nach 2 Jahren den Geist aufgegeben. Ein interessanter Beitrag von Jürgen Rode auf „womoblog“ über den Stand-by Charger Pro hat nach Selbsteinbau das Problem beendeter.
Internetbeiträge von Campern sind für mich ein wichtiger Bestandteil zur Instandhaltung und Modellpflege, – verbesserung unseres Kastenwagenens.
Hallo, das Problem kennen wir auch mit unserem 2023 CS Independent. Gelöst habe ich das durch Einbau einer Schottky Diode in Verbindung mit einem PTC und einer Sicherung zwischen der Aufbaubatterie und der Starterbatterie. Zum Glück scheint unsere AGM nicht defekt . Seither keine Fehlermeldungen aus dem Cockpit mehr.
Hallo Georg, das klingt super! Mit neuer Batterie und dem jetzt verbauten Standby Charger Pro, sollte ich auch endlich Ruhe haben. Nerviges Problem, wenn du nichts machen kannst und die Starterbatterie leer ist, obwohl noch genug in der Aufbaubatterie vorhanden ist. Viele Grüße Marc
Hallo,
ist es realistisch, dass das Solarmodul die Batterie wirklich unterstützt? Ginge nicht auch ein größeres Modul über den Zigarettenanzünder? Übrigens ein toller Blog! Viele liebe Grüße! Claus
Hallo Claus,
so große Wunder darf man natürlich von maximal 13 Watt nicht verlangen, aber bei den meisten Fahrzeugen sollte diese Leistung ausreichen, um einer Tiefenentladung entgegenzuwirken. Unser Sprinter war und ist aber sehr hungrig und so reichte die damit gewonnene Energie nicht aus und daher habe ich mir den Standby Charger Pro (Link zum Beitrag) nachgerüstet.
Das macht aber natürlich nur Sinn, wenn man eine entsprechend große Aufbaubatterie und Solarzellen auf dem Wagen verbaut hat. Ansonsten ist irgendwann die Aufbaubatterie leer, bzw. der Standby Charger Pro schaltet beim Erreichen einer bestimmten Spannung einfach ab, um die Aufbaubatterie zu schützen.
Viele Grüße Marc