Nach einer entspannten Zeit auf dem Campingplatz Rūgumi oberhalb von Liepāja, sind wir von Lettland weiter über die Grenze nach Litauen gefahren. In Kretinga haben wir uns in der Filiale der Supermarktkette Maxima unkompliziert ein Paket „frisches Internet“ besorgt. Die fertigen Pakte hängen an der Kasse und es gibt sie in verschiedenen Ausstattungen und Laufzeiten. Wir entschieden uns für die 7-Tage-Version vom Anbieter ezys mit 100 GB Datenvolumen, 100 Min und 350 SMS für sage und schreibe 2,49 €.
Das Paket mit unlimitiertem Datenvolumen, ohne Telefonie und SMS für 3,99 € war hier leider nicht vorrätig. Man könnte es aber auch auf diese und jede bestehende ezys SIM-Karte (ohne Paket ab 99 Cent) per Kreditkarte nachbuchen. Wie auch in den anderen baltischen Ländern war hierfür keinerlei Registrierung per Ausweis oder Ähnlichem notwendig. Auf einem litauischen Einkaufszettel könnte stehen: Aufschnitt, Brot, Gemüse, 100 GB Datenvolumen. Warum ist das in Deutschland nicht so einfach und vor allem günstig? Mit frischem Internet in unserem mobilen WLAN-Router konnte die Reise weitergehen und Ziel des Tages sollte der Berg der Kreuze sein.
Berg der Kreuze
Was den katholisch geprägten Wallfahrtsort nördlich von Šiauliai angeht, so passt der Begriff „Berg“ im deutschen Sprachgebrauch bei einer Höhe von nur etwa 10 Metern eigentlich nicht wirklich, aber Hügelchen der Kreuze klingt natürlich einfach nicht so gut. Ob nun Berg oder Hügel, ist dabei aber auch egal, beeindruckend ist der Ort allemal.
Kleine Geschichtsreise: Im Mittelalter hat hier einmal die Burg Jurgaičiai gestanden, welche 1348 von Kreuzrittern zerstört worden sein soll. Als die Aufstände von 1830/31 und 1863/64 der polnischen und litauischen Bevölkerung gegen die sowjetischen Besatzer blutig niedergeschlagen wurden, haben Bewohner aus der Umgebung damit begonnen, hier Kreuze als Erinnerung für ihre getöteten Angehörigen aufzustellen. Bis 1940 standen hier anfangs nur ein paar Hundert Kreuze.
Nach der sowjetischen Besetzung im Jahr 1940 wurden mehr als 100.000 Litauer nach Sibirien in die Arbeitslager (Gulags) deportiert. Als der sowjetische Diktator Stalin 1953 gestorben war, kehrten die wenigen Überlebenden der Deportierten allmählich aus Sibirien zurück und stellten Kreuze zur Erinnerung an die im Gulag Verstorbenen auf. Viele Gläubige und politisch Gefangene taten das selbige und so entstand der litauische Wallfahrtsort, als politisches Symbol gegen die kommunistische Herrschaft der Sowjets. Der Hügel wurde zwar mehrfach mit Bulldozer durch die Sowjets plattgewalzt, es wurden aber immer wieder neue Kreuze aufgestellt.
Die genaue Anzahl der Kreuze kann man nur schätzen. Wenn man etwa danach „googelt“ wird man Angaben zwischen 50.000 bis 200.000 finden, was u.a. etwas mit der Aktualität der Artikel und einem Brand im Jahr 2022 zu tun hat. Es dürften aktuell laut Auskunft der dortigen Touristeninformation bereits wieder über 100.000 Kreuze (Tendenz steigend) sein. Aufgrund der sehr vielen kleinen Kreuzanhänger und Rosenkränze, welche an größeren Kreuzen hängen oder den Boden bedecken, sind genaue Angaben aber nahezu unmöglich.
Kurz vor dem Hügel befindet sich ein Besucherzentrum mit kostenpflichtigem (3 €) Parkplatz. Leider hatten wir jetzt das erste Mal in unserem Urlaub auch tagsüber nicht so gutes Wetter und schöne Aufnahmen bei Sonnenuntergang, wenn das Licht den Hügel orange färbt, fielen wortwörtlich ins Wasser.
Wir schlenderten noch eine Zeit lang über den Hügel und stauten über die Massen an unterschiedlichen Kreuzen. Als der Regen noch stärker wurde, traten wir den Rückzug an und bezogen in der Nähe am Rėkyva-See unser Nachtlager.
Als wir am nächsten Morgen mit besserem Wetter begrüßt wurden, sind wir erneut die ca. 25 Minuten bis zum Berg der Kreuze gefahren, um noch ein paar Fotos bei besserem Wetter zu machen.
What3Words „Koordinaten“
https://w3w.co/teamkollege.fassungen.gemunkel
GPS-Koordinaten
56.0152899, 23.4159733
56°0.9174′N, 23°24.9584′E
56°0′55.0436″N, 23°24′57.5039″E
Von diesem spirituellen Ort, mit einer leider sehr traurigen Hintergrundgeschichte, ging es weiter zum nächsten ebenfalls ausgesprochen traurigen Ort der Geschichte, dem Cold War Museum in Plokščiai.
Cold War Museum
Zwischen 1947 und 1989 herrschte der sogenannte Kalte Krieg, zwischen „dem Westen“ unter Führung der Vereinigten Staaten gegen die damalige Sowjetunion. Bedauerlicherweise sind wir heute in einer ähnlich angespannten Situation und der Besuch vom Cold War Museum in Plokščiai war aktueller denn je. Im Jahr 2012 eröffnete das Museum auf einem ehemaligen unterirdischen Abschussanlage für nukleare ballistische Raketen der damaligen Sowjetunion.
Die Anlage wurde im Jahr 1962 in Betrieb genommen und besteht neben Elektro- und Radiostationen, Kontrollräumen, Erholungsbereiche für die diensthabenden Soldaten, sowie diversen Tunneln, vorrangig aus vier Raketensilos. Die Silos wurden damals von Soldaten mit Schaufeln ausgegraben, was etwa 6-8 Monate dauerte. In ihnen befanden sich die fast 23 Meter hohen R12-Atomraketen, welche eine Reichweite von ca. 2.300 Kilometern hatten. Raketen vom selbigen Typ wurden damals auch von den Sowjets auf Kuba stationiert, was u.a. die Kuba-Krise auslöste.
Man kann hier nicht nur über das Gelände laufen, sondern auch Teile der Anlage unter der Erde per Audioguide besichtigen. Hier unter dickem Beton befindet sich eine Ausstellung, in welcher einem die Geschichte des fünf Jahrzehnte dauernden Kalten Krieges anschaulich vermittelt wird. Auch wenn der Besuch im Cold War Museum sehr spannend war, so war er in der aktuellen Situation noch bedrückender. Wir waren daher sehr froh, als wir wieder an der Erdoberfläche ankamen und unsere Reise fortsetzen konnten.
What3Words „Koordinaten“
https://w3w.co/zertifikate.landgemeinde.offiziell
GPS-Koordinaten
56.0321878, 21.9064251
56°1.9313′N, 21°54.3855′E
56°1′55.8761″N, 21°54′23.1304″E
Auf dem Weg zur Kurischen Nehrung haben wir noch am Wasserpark Palanga einen Zwischenstopp eingelegt. Nachdem sich die Kids dort eine Stunde ausgetobt hatten, sind wir an Klaipėda vorbei auf einen kleinen Platz unterhalb von Kintai am Kurischen Haff. Hier verbrachten wir noch zwei sehr entspannte Nächte in Litauen.
What3Words „Koordinaten“
https://w3w.co/einkauf.vernetzt.beladene
GPS-Koordinaten
55.400941, 21.238906
55°24.0565′N, 21°14.3344′E
55°24′3.3876″N, 21°14′20.0616″E
DFDS Fähre von Klaipėda nach Kiel
Vom Platz am Kurischen Haff sind es ca. 45 Minuten bis nach Klaipėda zum Fähranleger von DFDS. Aufgrund einer großen Baustelle in der Innenstadt und einem letzten Einkauf im Supermarkt haben wir uns bereits am späten Nachmittag auf den Weg gemacht. Die Fähre von Klaipėda nach Kiel sollte um 22:00 Uhr ablegen und bis auf die letzte Minute wurden hier noch LKWs und PKWs im Bauch der Fähre verstaut.
Immer wenn man dachte, dass die Fähre nun aber längst voll sein müsste, kommen noch weitere LKWs und verschwanden teilweise rückwärts in der Fähre. Die Einweiser der Rederei DFDS sind sicherlich Meister im Tetris spielen und am Ende passt irgendwie alles rein, wenn auch mit ca. 15 Minuten Verspätung.
Unsere Kabine war in einem guten und vor allem sauberen Zustand und wir hatten hier nichts zu beanstanden. Lediglich das von uns im Vorfeld gebuchte Paket mit Abendessen und Frühstücksbuffet würden wir uns das nächste Mal sparen. In beiden Fällen war die Auswahl recht überschaubar und beim Frühstück muss man über eine Stunde anstehen, bevor man sich überhaupt etwas auf den Teller packen kann. Hier stimmt, neben der Organisation, das Preis-Leistungs-Verhältnis aus unserer Sicht nicht. Ansonsten kann man die DFDS Fähre inkl. Kabine von Klaipėda nach Kiel aber empfehlen. Am nächsten Tag legten wir pünktlich um 17:00 Uhr (deutscher Zeit) in Kiel an. Mit einem kleinen Zwischenstopp in Eutin ging es für uns dann wieder zurück nach Hause.
Fazit unserer Reise ins Baltikum
Die baltischen Länder sind ein noch relativ unentdecktes Paradies für Camper, vor allem wenn gerne freisteht. Selten haben wir auf einer Reise „legal“ an so vielen schönen Plätzen und direkt am Wasser übernachtet, wie im Baltikum. Hierbei ist Estland mit seinen schönen RMK-Plätzen besonders hervorzuheben.
Wer lieber auf Campingplätzen steht, wird hier aber auch fündig und deren Preise sind sehr moderat. Die Ausstattung ist jetzt nicht mit dem eines 5-Sterne-Platzes an der Adria vergleichbar, aber wer das ganze Brumborium solcher Plätze mag, ist im Baltikum eher seltener anzutreffen. Naturfreunde und Freisteher kommen hier voll auf ihre Kosten!
Auch wenn manche der Sehenswürdigkeiten eine düstere und bedrückende Geschichte haben, sollte man diese besuchen und sich auch damit beschäftigen. Am Ende kann man auch nur hoffen, dass diese Mahnmäler ihre Wirkung als Mahnmal erfüllen können und global wieder bessere Zeiten anbrechen.
Die Landschaft ist zwar nicht ganz so abwechslungsreich, hat uns aber dennoch gut gefallen und wir hätten gerne noch mehr Zeit in den baltischen Ländern verbracht. Drei Wochen sind definitiv viel zu wenig und wir haben auch noch viele Punkte auf unserer Liste, welche wir uns bei einem der nächsten Reisen nach Estland, Lettland oder Litauen anschauen wollen. Besonders für Litauen blieb am Ende kaum noch Zeit zum Entdecken übrig. Wir kommen wieder!
Die Stationen unserer Reise
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