Von Oldenburg ging meine Reise in den Freistaat Bayern, genauer gesagt in den Bezirk Oberfranken, um mir die Stadt Coburg anzusehen. Über der Stadt thront auf 464 Metern die perfekt erhaltene Veste Coburg, eine der größten Burganlagen Deutschlands und Aufenthaltsort von Martin Luther. Als Übernachtungsplatz dient mir für 12 Euro die Nacht der Wohnmobilstellplatz Vesteblick neben dem Erlebnisbad Aquaria. Der moderne Stellplatz bietet von seinen 22 Plätzen einen schönen Blick auf die Veste. Wer ins Zentrum von Coburg möchte, der kann die etwa 2 Kilometer bequem zu Fuß, mit dem Rad, oder mit dem Bus zurücklegen.
Hoch zur Veste kommt man auf verschiedene Arten. Ich habe mich für den kürzesten Weg vom Stellplatz aus durch den Wald entschieden und dabei kommt man auch am Gustav-Freytag-Brunnen, ein Gedenken an den Coburger Schriftsteller, vorbei. Etwa 30 Minuten kann man für den Weg einrechnen. Es gibt aber auch noch eine befestigte Straße, einen Bus (Linie 5) und die Bimmelbahn Veste-Express.
Die Veste Coburg
Hoch über der Stadt auf einem mächtigen Dolomitfelsen thront die Veste Coburg aus dem Jahre 1225, welche auch die „Fränkische Krone“ genannt wird. Das Wort Veste ist übrigens eine ältere Bezeichnung für eine Festung oder Burg. Die Veste Coburg ist mit ihren 25.000 Quadratmetern Burgfläche schon ein gewaltiges Bauwerk und beherrscht mit ihren hervorragend erhaltenen und imposanten Gebäuden, Türmen und Bastionen das gesamte Umland. Ich finde solche alten Bauwerke immer unheimlich faszinierend, vor allem wenn man bedenkt, unter welchen Herausforderungen diese damals errichtet wurden. Bagger, Kräne und für uns sonst so selbstverständliche per Motoren angetriebene Maschinen, gab es ja zu der Zeit noch nicht. Das war noch echt harte Arbeit und überdauerte auch den ein oder anderen Baumeister.
Bei gutem Wetter bietet sich ein schöner Weitblick über das Umland und wer möchte, kann am Flugplatz Brandensteinsebene über den Aero Club einen Rundflug etwa über Coburg, die Veste Coburg und Schloss Rosenau buchen. Coburg war ehemalige Residenzstadt und über Jahrhunderte herzoglicher Herrschaftssitz, sowie Treffpunkt des europäischen Hochadels. Die Coburger Herzöge entstammen dem Herrscherhaus der Wettiner, einem der ältesten und einst mächtigsten deutschen Adelsgeschlechter.
Beim Besuch des Außenbereichs kommt man sich vor den hohen Mauern stehend wirklich winzig vor und kann von dort die Größe der gesamten Anlage nur erahnen.
Den Innenbereich der Veste erreicht man über eine Brücke und weiter geht es dann durch ein Falltor in den wunderbar gepflegten Innenbereich, wo sich auch die Kunstsammlungen befinden. Der Besuch in der eigentlichen Anlage ist übrigens kostenlos. Lediglich der Besuch der sehenswerten Museums ist kostenpflichtig. Der Blick ins Innere und in die Ausstellungen lohnt sich auf jeden Fall und bei einem Rundgang, wird die Nutzungs- und Entstehungsgeschichte einer der größten mittelalterlichen Wehranlagen optimal u.a. per Audioguide oder Führung vermittelt.
Man erfährt vieles, etwa über ihre Zeit als kursächsisches Schloss im Zeitalter der Reformation, oder ihren Ausbau zur neuzeitlichen Landesfestung und nicht zuletzt ihre Wiederbelebung als „Schatzkammer“ der Coburger Herzöge. Im Museum kann man historische Räume mit prachtvoller Ausstattung besichtigen, die „Reformatorenzimmer“ erinnern an den sechsmonatigen Aufenthalt von Martin Luther.
Der Reformator Martin Luther
Der bekannte Reformator Martin Luther hielt sich von April bis Oktober des Jahres 1530 auf der Veste Coburg auf. Er wollte eigentlich mit Kurfürst Johann von Wittenberg nach Augsburg zum Reichstag reisen, wurde aber aus „Sicherheitsgründen“ in Coburg zurückgelassen. Luther hatte sich mit seinen 95 Thesen in der katholischen Kirche bekanntlich keine Freunde gemacht und die Weiterreise wäre für ihn durch katholisches Gebiet gegangen.
Sicherlich keine schlechte Entscheidung und er hat seine Zeit auf der Veste Coburg genutzt, um sehr viel zu arbeiten. Er hat in den 6 Monaten allein über 120 Briefe zum Reichstag nach Augsburg geschrieben, um auf die Verhandlungen des Religionskonfliktes Einfluss nehmen zu können.
Das Museum
Im Museum, den Kunstsammlungen der Veste Coburg sind nicht nur Werke altdeutscher Meister, etwa von Lucas Cranach oder Matthias Grünewald ausgestellt, sondern es sind auch kostbare venezianische Gläser, historische Jagdwaffen, Kutschen, Prunkwagen und Rennschlitten zu sehen. Mit 45 Gemälden Lucas Cranachs des Älteren und seines unmittelbaren Umkreises zählt Coburg zu den wichtigsten Sammlungsorten dieses bedeutenden Malers der Reformationszeit.
Aus dem Nachlass Herzog Alfreds von Sachsen-Coburg und Gotha stammt die erlesene Kollektion venezianischer Gläser und in der neu eingerichteten „Schatzkammer Glas“ kann man über 1000 Jahre Entwicklung des künstlerisch gestalteten Glases bestaunen.
Beeindruckend und international bedeutend ist auch die Sammlung höfischer Turnier, Kriegs- und Jagdwaffen in der Rüstungskammer. Sie dienten nicht der Bewaffnung der Armee, sondern kamen auch als exklusive Sportartikel, beim höfischen Turnier zum Einsatz. Die Bestände an historischen Waffen gehören zu den bedeutendsten Sammlungen ihrer Art in Europa. Hier ist auch die Rüstung des Hofzwerges von Herzog Johann Casimir aus dem Ende des 16. Jahrhunderts ausgestellt.
Die Artillerieausstellung „Gebt Feuer!“ zeigt auf einer gedeckten Batterie (einem überdachten Wehrgang), warum die Veste Coburg als uneinnehmbar galt. Rund 140 Exponate, darunter Mörser, Granatgewehre, Visiereinrichtungen, Lade- und Zündzubehör und Spezialmunition sind dort zu sehen und deren Benutzung wird einem multimedial erklärt.
Die beiden reich vergoldeten Brautwagen aus dem 16. Jahrhundert sind die frühesten vollständig erhaltenen europäischen Wagen aus der Renaissance. Eine Besonderheit ist auch die Sammlung der Caroussel- oder Rennschlitten. Die Schlitten wurden zu festlichen Ausfahrten sowie zum „Damencaroussel“, einem barocken Turnierspiel, verwendet. Dabei saßen die Damen in den Schlitten und mussten mit Lanzen, Degen oder auch Pistolen ihre Geschicklichkeit und Zielgenauigkeit beweisen. Gelenkt wurden der Schlitten durch einen Kavalier, der auf dem Sitz hinter dem Kasten Platz nahm.
Weiterhin sind diverse historische Räume und Kunstwerke in den Ausstellungsräumen der Veste Coburg zu bestaunen.
Das ganze Jahr über wird auf der Veste eine Fülle an Kunst und Kultur geboten und es finden diverse Veranstaltungen und Konzerte statt.
Die Stadt Coburg
Von der Veste ging es dann hinunter nach Coburg in die historische Altstadt und wer möchte, kann hier auch an einem geführten Rundgang teilnehmen. Zu entdecken gibt es in Coburg so einiges. Etwa den Marktplatz, das Münzmeisterhaus, Schloss Ehrenburg, den Schlossplatz mit Hofgarten, das Landestheater (ehemaliges Hoftheater) und das Palais Edinburgh.
Das Landestheater wird als Dreispartenhaus mit Musiktheater, Schauspiel und Ballett genutzt und ist über die Stadtgrenzen hinaus geliebt. Rund 300 eigene Aufführungen in 18 Inszenierungen werden alleine im großen Haus auf die Bühne gebracht. Auch die kleinen Gassen und historischen Gebäude in der Altstadt sind sehr schön anzusehen. Wer mag, kann sich bei Manufaktur Feyler mit Lebkuchen oder dem Honiggebäck „Coburger Schmätzchen“ eindecken, was auch ein nettes Mitbringsel ist.
Das ganze Jahr über wird in Coburg eine Fülle an Kunst und Kultur geboten, Veranstaltungen wie klassische und moderne Konzerte oder Open-Air-Veranstaltungen auf dem Coburger Schlossplatz. Auf keinen Fall verpassen sollte man das größte Samba-Festival außerhalb Brasiliens, das jedes Jahr am zweiten Wochenende im Juli Tausende Besucher nach Coburg lockt. Auch sehenswert ist die Museumsnacht und der Coburger Weihnachtsmarkt. Die Coburger Bratwurst gilt als eine traditionelle Spezialität in Coburg und Umgebung und die Bratwurst wird auf einem Rost über dem Feuer von Kiefernzapfen gegrillt. Sehr lecker!
Nach der Stadtbesichtigung bin ich dann zum Essen ins Gasthaus Goldenes Kreuz gegangen. Das Restaurant befindet sich im ältesten Haus von Coburg direkt am Rathausplatz und seit dem Jahre 1508 werden hier Gäste mit Speisen und Getränken bewirtet. Den hauseigenen Kreuztrunk, frisch vom Fass und das knusprig gebratenes Schäufele mit Sauerkraut und Coburger Klöße, kann ich auf jeden Fall empfehlen. Einen Tisch kann man übrigens super bequem online reservieren. Coburg ist definitiv mehr als einen Besuch wert.
Transparenz: Ich wurde durch die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern zum Besuch der Region eingeladen. Meine Meinung wird hierdurch aber nicht beeinflusst. Ich berichte hier über meine persönlichen Erlebnisse und Eindrücke und nehme grundsätzlich nur Einladungen an, wenn mich eine Region interessiert und die Berichte euch einen Mehrwert bieten.