Wenn Ihr Euch ein neues Wohnmobil mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen zulegen wollt, dann solltet Ihr das Thema Gewicht nicht vernachlässigen. Die Hersteller geben hier in der Regel immer die Masse in fahrbereitem Zustand an, aber was ist das genau und ist diese Angabe realistisch? Also unter der Masse in fahrbereitem Zustand nach (EU) 1230/2012 vom 12. Dezember 2012, versteht man Folgendes:
- Das Leergewicht des Fahrzeuges (Serienausstattung)
- Ein Fahrer mit 75 kg Körpergewicht
- Der Kraftstofftank ist zu 90 % gefüllt
- Der Wassertank ist mit einem reduzierten Wassertankvolumen für die Fahrt von 20 Litern gefüllt
- Eine gefüllte Alugasflasche mit 11 kg Füllung
- Werkzeug, Reifenreparatur-Set und Kabeltrommel
Hierbei wird seitens der Hersteller (legal) getrickst, wie nichts Gutes. Nehmen wir etwa mal den Wassertank als Beispiel. Die Hersteller geben beim Volumen das Wassertanks, immer zwei Zahlen an. Die große ist das Volumen des Tanks, also was man an Wasser mitnehmen kann. Die deutlich kleinere Zahl ist die Angabe für die Fahrt.
In der Verordnung steht „Die Flüssigkeiten enthaltenden Systeme (außer Systeme für gebrauchtes Wasser, die leer bleiben müssen) sind zu 100 % des vom Hersteller angegebenen Fassungsvermögens gefüllt.“ Das passt auch eher zur Realität, als die in der Regel 20 Literchen, welche die Hersteller als Fahrbefüllung angeben.
Weiter geht das Spiel etwa bei den Gasflaschen, denn Alu ist hier leider nun wirklich kein Standard und erst recht nicht nur eine Flasche. Bei der Auslieferung befinden sich im Fahrzeug zwei 11 Kilo Gasflaschen aus Stahl. Die haben ein Tara (Leergewicht) von ca. 13 Kilo und plus Füllung ist man dann bei 24 Kilo pro Flasche. Es sind also in der Realität zusammen rund 50 Kilo und nicht die ca. 16 Kilo einer gefüllten Alugasflasche.
Am Ende ist das doch alles Quatsch. Die Angabe der Masse in fahrbereitem Zustand ist lediglich ein grober, und zwar sehr grober Anhaltspunkt. Jeder hat schließlich andere Anforderungen und keiner will mit einem nahezu leeren Camper auf Reisen gehen, und daher ist Rechnen angesagt.
Klingt erst einmal kompliziert, ist es aber nicht und geht recht einfach. Die benötigten Angaben findet Ihr in der Preisliste zu Eurem Fahrzeug, oder ihr fragt den Händler bzw. Hersteller.
Zu dem Leergewicht rechnen ihr jetzt die gesamte Sonderausstattung hinzu und hat somit euer persönliches Auslieferungsgewicht. Ab jetzt könnt Ihr Fahrräder, Inventar, Diesel, Wasser, Personen usw. hinzurechnen. Wer möchte, kann sich meiner passenden Excel-Tabelle (Download) bedienen und hat das Gewicht somit ganz gut im Blick.
Umso höher also das Leergewicht Eures Fahrzeuges ist, umso unrealistischer ist die Einhaltung der zulässigen Gesamtmasse von 3.5 Tonnen.
Was die Angabe vom Leergewicht angeht, so kann man auch noch Pech haben, weil hier ist etwa Spielraum vorhanden. Seit dem 10.01.2014 müssen die Hersteller einem Käufer ein sogenanntes CoC-Papier (Certificate of Conformity) aushändigen. Diese Übereinstimmungsbescheinigung muss unter Punkt 13.2 die tatsächliche Fahrzeugmasse aufführen, die Summe aus Masse in fahrbereitem Zustand und der vom Käufer gewünschten Zusatzausrüstung.
Das Problem ist aber, dass diese Angabe laut Gesetzgeber um fünf Prozent abweichen darf, ohne dass sich daraus ein Sachmangel ergibt.
Der Camper ist übrigens als mangelhaft zu bezeichnen, wenn die entsprechende DIN EN 1646-2 nicht erfüllt ist und man kann vom Kaufvertrag zurücktreten. Das möchte aber sicher kaum jemand und um diese böse Überraschung zu vermeiden, sollte man vor der Bestellung rechnen, ob es überhaupt realistisch mit dem Gewicht passen kann.
Zu den jetzt errechneten 2.954 kg des bestellten Fahrzeuges muss ich noch das ganze Inventar dazurechnen und dann noch eine gewisse Menge Diesel und Wasser und ach ja, die mitfahrenden Personen sollten auch nicht vergessen werden.
Das wird wieder alles recht sportlich. Je höher also das Leergewicht Eures Fahrzeuges ist, umso unrealistischer ist die Einhaltung der zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen. Wer möchte, kann sich meiner passenden Excel-Tabelle (Download) bedienen und hat das Gewicht somit ausgezeichnet im Blick.
Hallo Marc,
ist finde es richtig gut von Dir, dieses wichtige Thema immer wieder mal aufzugreifen. Auf das COC-Papier des Herstellers ist leider kein Verlass. Und die 5 % Toleranz gehen auch nur dann in Ordnung, wenn nach EU-Norm das Fahrzeug mit der in den Fahrzeugpapieren zugelassenen Anzahl Personen auch rechnerisch genutzt werden kann. Bei unserem Weinsberg 601 MQH waren verschiedene Positionen gewichtsmäßig weder im Online-Konfigurator des Herstellers, nicht in den Kundenprospekten und nicht im Händler-Konfigurationsprogramm benannt. Als Käufer ist es daher immer ratsam, sich ein Wiegeprotokoll, welches im Werk nach dem Ausbau erstellt wird, aushändigen zu lassen. Unserem neuen Euramobil habe ich in Bad Kreuznach beim Caravaning Center bestellt und es war verabredet, das ich den Wagen bei Übergabe wiegen lasse. Dies haben wir dann auch vor Ort machen können. Noch eine Info für den Fall der Fälle. Es gibt in Bad Hersfeld einen Rechtsanwalt, der sich auf das Thema Wohnmobile spezialisiert hat. Rechtsanwalt Ulrich Dähn hat mich unkompliziert unterstützt, die Details herauszuarbeiten, welche für die erfolgreiche Kaufvertragsrückabwicklung des Weinsberg notwendig waren. Auf seiner Seite stehen auch weitere wichtige Hinweise, die noch ausführlicher auf das Thema Gewicht eingehen.
Hallo Marc,
eigentlich sollte man diese unsinnige 3,5 t Begrenzung für Wohnmobile komplett überarbeiten. Ein modernes Wohnmobil mit dem üblichen Komfort (kein Kastenwagen) ist eigentlich mit 4 Personen, Gepäck und gefüllten Tanks nicht zu realisieren.Ich bin froh, dass wir mit unserem Führerschein nicht an diese Grenze gebunden sind und kann nur jeder Familie mit Kindern raten, das Wohnmobil entsprechend aufzulasten und den Führerschein zu erweitern. Leider steigen dann die Kosten für Maut usw., daher fahren wir sehr viel Landstraße, da wir heute auch viel mehr Zeit haben als früher, als wir noch auf die Ferien angewiesen waren.
Hallo Marc, danke für deine aufschlussreiche Darstellung zu gewicht und tricksereien.
Das Berechnungsproblem wird noch komplexer, wenn man die gewichte mit Bezug zur Achslast ermitteln möchte.
Ein beispiel: automatikgetriebe, + 55kg, 2te aufbaubatterie + 39kg, eine 30kgist schon unterm Sitz. Markise + 28kg. Schlafsack + 120kg.
Achslast vorne ohne Fahrer (!) 1720 kg… fiat ducato
Da hilft kein Leergewicht und kein coc ;-(
Herzlichst
Daniel
Hier noch mal mein Beitrag korrigiert. Es waren ein paar Tippfehler in meinem letzten Kommentar.
Hallo Marc, danke für deine aufschlussreiche Darstellung zu gewicht und tricksereien.
Das Berechnungsproblem wird noch komplexer, wenn man die gewichte mit Bezug zur Achslast ermitteln möchte.
Ein beispiel: automatikgetriebe, + 55kg, 2te aufbaubatterie + 30 kg, eine 30 kg Battweie ist schon unterm Sitz. Markise + 28kg. Schlafsack + 120kg.
Achslast vorne ohne Fahrer (!) 1720 kg… fiat ducato
Da hilft kein Leergewicht und kein coc ;-(
Herzlichst
Daniel
Gut zu wissen, dass man unter dem Begriff fahrbereiter Zustand auch Zubehör wie das Reifenreparaturset mitzählt. Das werde ich bei meiner nächsten Hauptuntersuchung beachten. Vielen Dank für den hilfreichen Artikel.