Kaum ein europäisches Reiseland eignet sich besser für Wohnmobile als Schweden. Es bietet einem unendliche Weiten, Natur ohne Ende und dank des Jedermannsrechts, ist man hier nicht auf Stell oder Campingplätze angewiesen, sondern darf frei in der Natur stehen, sofern es nicht ausdrücklich verboten ist. Aber natürlich nicht einfach so auf einer Wiese, sondern auf für Fahrzeuge zugelassenen Wegen, wie etwa auf dem Bild zu sehen.
Daran sollte man sich dann auch bitte ohne Ausnahmen halten, denn schließlich ist man ja Gast in diesem wundervollen Land. Auch die Infrastruktur ist in Schweden hervorragend und macht es einem dementsprechend leicht. Wie kann man die Freiheit, die einem das Wohnmobil bietet, am besten nutzen?
Wir gehen jetzt mal von einem ganz normalen Wohnmobil aus und nicht von einem speziell umgerüsteten Expeditionsfahrzeug, oder einem Wohnmobil, in dem man dauerhaft leben möchte. Ein „normales“ Standard Urlaubs-Wohnmobil mit bis zu 3,5 Tonnen, wie wir es gekauft haben, ist von Haus leider nicht darauf ausgelegt, wirklich lange autark zu sein. In der Regel fährt man damit auf einen Camping oder einen Wohnmobilstellplatz, auf dem eigentlich alles vorhanden ist, was man benötigt. Dafür ist man dann aber logischerweise nicht allein.
Um aber genau das zu ermöglichen, muss man nur ein paar wenige, jedoch halt grundlegende Dinge nachrüsten. Alles kein Hexenwerk und auch insgesamt nicht wirklich teuer und es lohnt sich wirklich, dass könnt ihr uns glauben! In diesem Artikel erfahrt ihr unsere persönlichen Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gesammelt haben, seitdem wir mit einem Wohnmobil in den Ferien und an den Wochenenden unterwegs sind und wir stehen dabei am liebsten ganz allein frei in der Natur, fern von jeder Infrastruktur, sofern es in dem aktuellen Reiseland erlaubt ist.
Das kostbare Frischwasser
Zuhause ist es ja ganz einfach, Hahn auf und Wasser Marsch und der durchschnittliche Bundesbürger verbringt etwa fünf Minuten unter der Dusche. Während einer Minute duschen werden etwa 15 bis 17 Liter Wasser verbraucht. Das macht also mühelos mindestens 75 Liter an Wasser mit einem Duschvorgang.
Bei einem Wohnmobil passen aber im Durchschnitt nur ungefähr 100 bis 120 Liter an Wasser in den Tank. Also einmal Duschen und das war es dann schon? Nun wenn man so verschwenderisch wie daheim ist, im Prinzip ja. Man muss also sparsam sein, was ganz ehrlich gesagt kein großes Problem darstellt. Ich habe jetzt nicht die Liter pro Duschvorgang bei uns gezählt, aber ich kann euch sagen, es geht ohne einen Komfortverlust.
Beispiel: Wir stehen morgens auf und machen den Warmwasserboiler an. Der braucht so 15-20 Minuten und dann ist der Erste an der Reihe. Wasser an und man ist nass. Dann Wasser aus und nun in Ruhe einschäumen. Dann wieder Wasser an und abspülen und dabei die Brause halt nur soweit aufdrehen, wie es sein muss. Das spart unheimlich viel Wasser. In dem kleinen Raum eines Wohnmobil „Badezimmers“ ist es auch direkt schön warm. Es ist also alles kein Problem und wenn man sich dann entspannt im Bad fertig gemacht hat, ist der Boiler auch schon wieder aufgewärmt und der nächste ist an der Reihe. Klappt wirklich super und verbraucht insgesamt auch nicht viel Wasser.
Beim Duschen bleibt es natürlich nicht. Wasser wird auch für Kaffee, Tee, abspülen, Hände waschen und natürlich für die Klospülung benötigt. Wir kommen mit unserem 110 Liter Wassertank bei 2 Erwachsenen und zwei Kindern etwa 3 Tage aus. Wir wollen aber gerne noch etwas länger autark sein und dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen muss man evtl. nicht jeden Tag unter die Dusche, sondern kann sich auch mal einen Tag mit Waschlappen behelfen und bleibt dabei dennoch sauber. Zusätzlich kann man aber seine Wasserreserven auch noch erweitern und dafür nutzen wir sogenannte Raumsparkanister*.
Solche Kanister gibt es in allen nur erdenklichen Größen, Formen und mit den unterschiedlichsten Fassungsvermögen. Somit kann man sich zu der benötigten Kapazität und dem vorhandenen Platzangebot der Heckgarage etwa geeignetes aussuchen.
Das ganze halt immer unter Berücksichtigung des leidigen Themas Gesamtgewicht. Wir haben 4 Kanister in der Heckgarage mit einem Gesamtvolumen von etwa 70 Litern und können somit insgesamt gute 4-5 Tage autark stehen, je nach Wasserverbrauch. Das Auffüllen des Wassertanks geht mit den Kanistern super einfach und ist schnell erledigt. Das Wasser in den Kanistern, oder auch das im großen Wassertank, muss bei uns ausnahmslos durch einen passenden Filter, um Verunreinigungen bestmöglich zu vermeiden.
In Schweden kann man Frischwasser (Vatten) an nahezu jeder Tankstelle kostenlos tanken. Ansonsten bieten wie sich auch anderen Ländern Kirchen und Friedhöfe perfekt an.
Das Abwasser (Grauwasser)
Unser Wohnmobil hat einen 95 l Abwassertank, welcher für mehrere Tage reicht. Das verbrauchte Wasser kommt ja nicht 1:1 im Abwassertank an, denn vieles geht ja etwa zum Kochen drauf. Das Abwasser kann man an dafür vorgesehenen Plätzen entleeren und wer im Bad ein Biologisch abbaubares Duschgel* und in der Küche für den Abwasch etwa Ecover Geschirrspülmittel* oder ein anderes biologisch abbaubares Mittel verwendet, kann sein Abwasser auch in einem Industriegebiet oder an einer Tankstelle über dem Gully entleeren.
Es darf aber unter gar keinen Umständen einfach so in der Natur abgelassen werden. Wer an einem Platz fest steht und sein Fahrzeug nicht bewegen kann oder will, der kann es auch mit praktischem Abwasserkanister(n)* an eine geeignete Stelle transportieren.
Die Gasversorgung
Ohne Gas geht auch nicht wirklich viel, denn damit wird in der Regel nicht nur der Herd, sondern auch Boiler und Heizung betrieben. Es gibt die Heizung vom Marktführer Truma zwar auch als Kombi (E) Variante, die auch über 230V Strom betrieben werden kann, aber der Stromverbrauch wäre selbst für große Solaranlagen um einiges zu hoch. Wer aber genügend Solarstrom bzw. Batteriekapazität zur Verfügung hat, könnte zumindest für die Heizung auch einen sparsamen Keramikheizlüfter verwenden, aber Gas ist eigentlich vom Energiegehalt her unschlagbar.
Aber nicht nur zum Wärmen, sondern auch zum Kühlen kann Gas verwendet werden. In vielen Fahrzeugen ist ein Kompressorkühlschrank verbaut, welcher nur über 12V oder über 230V betrieben werden kann. Wer einen Absorberkühlschrank verbaut hat, kann zwischen Gas, 12V und 230V als Energiequelle wählen. Mit Gas läuft ein Absorber sehr lange, was am hohen Energiegehalt von Gas liegt.
Ein Kilo Propan Flüssiggas hat einen Energiegehalt von 14,00 kWh/kg und somit hat eine 11 Kilo Gasflasche einen Energiegehalt von 154 kWh. Eine unserer beiden 80Ah Gel Batterien, mit 27 Kilo Gewicht, bringt es dagegen gerade mal auf 0,96 kWh. Auch wenn ein sparsamer Kompressorkühlschrank nur so um die 0,5 bis 0,6 kWh am Tag benötigt, wäre eine Gel Batterie schon nach einem Tag leer. Mit Gas hingegen läuft unser Dometic RMS 8555 Absorber, mit seinen ca. 270 g Gas pro Tag, locker über einen Monat.
Die 11 Kilo Gas kosten im Baumarkt um die 15,00 Euro und mit einer 11 Kilo Gasflasche kamen wir im Sommer in unserem 3-wöchigen Urlaub in Schweden 20 Tage aus. Waschen, Duschen, Kochen und das alles mit Gas waren kein Problem. Lediglich im Winter, wenn den ganzen Tag die Heizung laufen muss, damit unter auch die Wasserleitungen nicht einfrieren, wird das Gas dann doch deutlich schneller verbraucht.
In den Osterferien im Bayerischen Wald hielt eine 11 Kilo Gasflasche ca. 1 Woche, während sie bei unserem Skiwochenende in Winterberg kaum 2 Tage gehalten hat. Bei normalen Temperaturen ist Gas also kein Problem, nur im Winter kann die Gasversorgung zum limitierenden Faktor werden. Einen Gastank oder Gastankflaschen für die LPG-Tankstelle haben wir (noch) nicht. Wir haben uns bis jetzt lediglich zwei Alu-Gasflaschen gegönnt, um Gewicht einsparen zu können und fahren damit eigentlich bis jetzt recht gut.
Die Stromversorgung
In einem Wohnmobil gibt es für die Stromversorgung eine oder mehrere Aufbaubatterien. Diese müssen aber natürlich regelmäßig geladen werden, was in der Regel beim Fahren über die Lichtmaschine passiert. Die Leistung der Lichtmaschine reicht aber bei Euro-6-Fahrzeugen nicht mehr aus und erst recht nicht, wenn dann auch nur kurze Strecken gefahren werden. Man darf, bis auf die noch kostspieligen Lithium-Batterien, die Batterien auch nicht vollständig entladen, weil der Verschleiß ansonsten zu groß wäre bzw. die Batterien sogar kaputtgehen können. Details dazu kannst du meinem Artikel für die richtige Versorgerbatterie im Wohnmobil entnehmen.
Somit lag es für uns ganz klar auf der Hand, dass der Einbau einer Solaranlage die richtige Entscheidung ist. Wir decken unseren Stromverbrauch mit einer 200WP Solaranlage mit Back Contact Zellen und sind damit vollkommen unabhängig.
Über die Jahre gerechnet ist Solarstrom auf jeden Fall eine günstige Energiequelle, denn die Solarpaneele sind wartungsarm und laden völlig selbstständig, wenn immer sich die Sonne zeigt. Auch bei langen Standzeiten des Wohnmobils verhindert eine Solaranlage eine Tiefenentladung und somit einen extremen Verschleiß der Aufbaubatterien. Der etwas höhere Preis amortisiert sich also durch die höhere Lebensdauer der Batterien.
Photovoltaik-Module mit Rückkontakt-Siliziumsolarzellen, wie wir sie verbaut haben, erzielen einen 20 % höheren Wirkungsgrad. Fällt etwas Schatten durch einen Baum oder eine Wolke auf ein Modul, bricht die Spannung nicht sofort komplett zusammen, sondern das Modul liefert über die sonnenbeschienenen Bereiche immer noch Strom. Billige Module liefern dann häufig nur noch 0,0 Ampere.
Die Kassettentoilette
Für manche ein etwas unangenehmes Thema, und wir haben schon Leute gesehen, die lieber auf ein usseliges Plumpsklo gehen sehen, als die eigene Toilette zu verwenden. Für uns absolut nicht nachvollziehbar, aber jeder soll es natürlich handhaben, wie er meint.
Eine handelsübliche Cassetten Toilette hat ein Fassungsvermögen von 17 bis 20 Liter. Wie schnell die voll ist, hängt vor allem von der Anzahl der Reisenden ab. Bei uns ist mit vier Personen und davon 3 Ladys, fast täglich eine Leerung angesagt bzw. jeden Tag ist eine voll. Was die Kassette am schnellsten füllt, ist neben dem Urin, vor allem das Spülwasser. Hier sollte man (sofern möglich) also auch sparsam mit dem Wasser umgehen.
In Schweden gibt es an den Bundesstraßen recht viele Rastplätze, und die sind meistens mit einer passenden Entsorgungsmöglichkeit für die Kassettentoilette ausgestattet.
Der Trend geht ganz klar zur „Zweitkassette“.
Um also länger von einer Entersorgungseinrichtung unabhängig zu sein, oder schnell wieder Platz zu schaffen, wenn es heißt „Das Klo ist voll!“ „Ich muss aber so dringend“, braucht man eine zweite Kassette. Die gibt es aber etwa von Thetford für kleines Geld im Fresh-up Set.
Die zweite Kassette wird in der Heckgarage in einer normalen Kunststoffkiste transportiert. Aber die Kassette ist ohnehin komplett dicht und hier tritt auch keinerlei Geruch nach außen. Selbst bei sehr holprigen Straßen ist noch nie etwas ausgetreten. Aber natürlich kommen wir auch mit der zweiten Kassette nicht weit und wir können ja auch nicht 5 bis 6 davon mitschleppen. Somit musste eine andere Lösung gefunden werden, und die lautet Ammovit.
Wenn wir also einsam und allein „in der Wildnis“ stehen, dann muss das Zeug ja irgendwo hin. Wir wollten ohnehin weg von den Chemiezusätzen und das allein schon aus ökologischen Gründen. Daher verwenden wir nur noch Ammovit, welches effektiv gegen die Bildung von Gerüchen hilft, den biologischen Verrottungsprozess fördert und vollständig biologisch abbaubar ist. Über das Wunderzeug habe ich ja bereits berichtet.
Sofern es die landesspezifischen/regionalen Vorschriften zulassen, besteht damit also auch die Möglichkeit der anschließenden Kompostierung und Düngung. Im Detail nimmt man sich also einfach eine Schaufel und sucht sich ein abgelegenes Plätzchen. Halt dort, wo keiner hingeht, spielt oder Ähnliches und gräbt ein Loch und kippt den Inhalt hinein. Natürlich wurde nur ein zu 100 % biologisch abbaubares Klopapier verwendet.
Danach spült man die Kassette wie sonst auch mit Wasser (etwa aus dem See) durch, wofür man natürlich eine extra Flasche verwendet. Jetzt lässt man die Flüssigkeit ein Weilchen versickern und schaufelt das Loch wieder zu. Alles ganz unproblematisch und man kommt beim Entleeren auch mit nichts in Berührung. Danach ist die Kassette wieder einsatzbereit.
Wir haben in unseren Urlauben auch schon viele Leute gesehen, die nur mit einem Pkw oder einem Bulli reisen und somit ohne eine Toilette. Hier werden die Hinterlassenschaften einfach im nächsten Gebüsch entsorgt und ich habe hierbei auch noch keinen mit einer Schaufel in der Hand losziehen sehen. Somit ist die von mir beschriebene Entsorgung sogar noch deutlich hygienischer und unproblematisch für andere Mitmenschen, wie ich finde.
Fazit: Wenn man sich im Vorfeld um die oben genannten Punkte kümmert, steht dem Freistehen an einem schönen Platz wie dem Ängelsbäcksstrand wirklich nichts im Wege.
Moinsen Marc,
ich räume grad mal ein bisschen auf und da ist mir dieser Artikel in die quere gekommen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, das mit dem „Jedermannsrecht“, sollte das ggf. erweitert werden und etwas ergänzt. Nicht das es mal unnötig „Stress“ da oben gibt.
Beim SCHNELLEN googeln habe ich u.a. das gefunden, was sich NICHT auf Wohnmobillisten bezieht:
Wo darf man in Norwegen mit dem Wohnmobil übernachten?
Dank des Jedermannsrechts können Sie an den meisten Orten in Norwegen völlig kostenlos Zelte aufstellen oder Hängematten anbringen. Dazu müssen Sie nur einige einfache Regeln befolgen: Zelte und Wohnmobile müssen mindestens 150 Meter von bewohnten Häusern und Hütten entfernt sein.
https://www.visitnorway.de › campi…
Camping und Wohnmobil in Norwegen
Such Eingabe war „Jedermannsrecht Norwegen“
Wenn ich was falsch interpretiert habe, korrigier mich bitte, oder andere Leser. Ich bin nicht perfekt und allwissend.
Einen schönen Abend
Gruß Michael Merklinghaus